Pinien, Pinien, Pinien und das Meer
- tine
- 27. Sept. 2019
- 3 Min. Lesezeit
Erkenntnis des Tages, wie Oskar so schön gesagt hat: Slow down.
Ein weiteres Ziel meiner To-See-Liste, bzw. Zu-Erleben-Liste, ist das Übernachten auf einem Campingplatz unter Pinien, die ich ja so liebe. Allein der Gedanke daran, im Pinienwaldgeruch einzuschlafen und aufzuwachen, löst bei mir Freude aus. Und so habe ich mich auf den Weg gemacht, einmal um Bordeaux herum, weiter Richtung Süden die Atlantikküste entlang. (Siehe Karte.)
Wir sind wieder gemütliche Landstraßen gefahren und kamen an Bordeaux ganz zügig vorbei, während auf der Gegenseite komplett Stau war, auf dem gesamten Ring. Glück gehabt. Danach ging es eine Dreiviertelstunde lang nur durch Pinienwälder.
Der von mir anvisierte Campingplatz hatte dann doch schon geschlossen und so musste ich einen weiter fahren. Da wir heute recht spät los gekommen sind und nach dem ganzen Landstraßen-Geruckel bei strömendem Regen war ich bei der Ankunft um 5 Uhr dann doch ziemlich platt. Ich habe auch echt unterschätzt, wie anstrengend unsere Sightseeing-Tour gestern war.
Die Dame an der Rezeption war ausgesprochen unfreundlich. Dabei habe ich mich in fließendem Französisch mit ihr unterhalten und jede ihrer schnell ausgesprochenen Fragen perfekt verstanden - sie musste sich also noch nicht mal bemühen, mit mir Englisch zu sprechen! Ist ja Ende der Saison und der Campingplatz schließt übermorgen, die haben wohl einfach keinen Bock mehr.
Dann hatte ich endlich meinen Stellplatz. Unter Pinien, wie gewünscht. Der Rest vom Campingplatz ist leer. Ich bin nicht ganz alleine hier, nebenan stehen Hamburger und auf der anderen Seite zwei Mädels aus Bayern mit Zelt, die auf dem Weg in den Norden sind... Mutig, sag ich da nur, ich komm ja grad von da. (Auf dem rechten unteren Bild sieht man den Campingplatz, man erkennt nur die Stellplätze nicht, weil sie eben alle leer sind.)
Ich war so platt, ich wollte mich eigentlich nur noch verkriechen. Aber nachdem wir ausreichend Pause gemacht hatten, hat uns dann doch das Meer gerufen...

... und für alles entschädigt, wirklich.

Hinter uns die Pinienwälder, vor uns das Meer. Übrigens kann ich das Wellenrauschen über die zwei Dünen hinweg bis an meinen Stellplatz hören.
Wenn Annie Strand sieht, kennt sie kein Halten mehr, da hat sie keine Schmerzen mehr und weiß nicht mehr, dass sie bereits 9 Jahre alt ist. Und auch für mich sind alle Unannehmlichkeiten, jede Müdigkeit, jede Traurigkeit wie weggeblasen. Der Atlantik hier ist so wunderschön mit seinem breiten Sandstrand, der sich ewig hinzieht und einfach kein Ende nehmen will. Die Wellen rollen an den Strand... C'est le bonheur.
Leider fangen die Fotos das wahre Naturspektakel nur halb so schön ein. Das Wasser ist übrigens überraschend warm, ich denke mal baden wäre durchaus noch möglich. Ich denke nie daran, dass ich mit den Füßen ins Wasser will, wenn ich zum Strand loslaufe. Kaum bin ich dann dort, muss ich meine Schuhe ausziehen und sie dann den ganzen Weg tragen. Ende September barfuss und im T-Shirt am Meer zu sein ist wirklich etwas Besonderes.
Die Sonne hat zum Abschluss des Tages nochmal durch die Wolken geblinzelt und sich wunderschön auf den Wellen gespiegelt.

Das Wellenrauschen, das Spiegeln der Abendsonne auf dem Meer, der weiche Sand, die hohen Dünen, der Blick, der unglaublich weit schweifen kann, das sind die Momente für die sich all das lohnt. Das Fahren über Schlaglöcher-Landstraßen, unfreundliche Französinnen, ständiger Regen, Müdigkeit, Muskelkater, manchmal Einsamkeit.

Was ich heute, mal wieder, gelernt habe: Slow down. Oskar hatte da gar nicht so unrecht. Slow down. Do less. Do one thing at a time. Do it deliberately.
Egal wo ich bin, bin ich mit meinem Kopf schon drei Schritte voraus. Ich höre nicht auf meinen Körper, wenn der nach einer Pause schreit. Ich ignoriere sämtliche Anzeichen von Erschöpfung, wenn ich mir in den Kopf gesetzt habe, dass das jetzt so sein muss, dass ich jetzt da hin muss, dass ich jetzt... was auch immer ich muss. Das Ende vom Lied ist, dass ich meinen Roadtrip nicht mehr genießen kann. Die körperliche Erschöpfung führt zu emotionaler Erschöpfung, plötzlich fühle ich mich einsam und allein, obwohl ich eigentlich nur Hunger habe und müde bin. Manchmal nehme ich noch nicht mal mehr die Pinien um mich herum wahr. Das ist doch blöd.
Das muss anders werden. Ich will mehr Pausen einplanen, mehr Nichtstun, mehr im Bus rumgammeln und Bücher lesen, mehr am Strand sitzen und auf Wellen schauen. Mehr auf meinen Körper und meine Emotionen hören. Weniger fahren, weniger Sightseeing, weniger 3-Tage-Vorausplanung. Wie das in der Praxis funktionieren soll, wenn jetzt alle Campingplätze schließen, weiss ich noch nicht. Macht aber auch nix, ich werde es rausfinden. Slow down.
Comments