Vive la France
- tine

- 9. Okt. 2019
- 4 Min. Lesezeit
Heute habe ich tatsächlich so gut wie keine Bilder für euch. Auch mal schön, oder nicht? Nach der Bilderflut der letzten Tage!
Ich hab heute auch gar nicht so viel gemacht. Meine Tagesaufgabe war es, zurück nach Frankreich zu fahren.
Gestern Abend und heute Morgen hab ich nochmal in mich reingehorcht - und ja, so langsam sehne ich mich nach meiner Couch. Und meinem Pony. Und meinem Freund. Heute bin ich drei Wochen unterwegs und es wird noch ein paar Tage dauern, bis ich wieder daheim bin. Der Gedanke, noch mehrere hundert Kilometer weiter zu fahren, die ich dann wieder zurück fahren müsste, um nach Hause zu kommen, hat schlichtweg Widerstand in mir ausgelöst.
Als ich diese Reise begonnen habe, habe ich mir fest versprochen, dass ich jederzeit heim fahren darf. Meine Reise darf Freude machen und soll nicht zum Pflichtprogramm ausarten. Es geht nicht darum, euch immer tollere Fotos in meinem Blog zu zeigen. Es geht auch nicht darum, auf Teufel komm raus nun Europa zu bereisen. Es geht darum, Freude zu haben, meinem Herzen zu folgen, Abenteuer zu erleben und, ganz wichtig, etwas zu lernen. Vor der Reise wusste ich nicht, was ich zu lernen hatte, jetzt weiß ich es. Freude zu erleben bedeutet auch nicht, immer Spaß zu haben. Es bedeutet für mich, mich ernst zu nehmen, schöne Momente zu genießen und einer Sehnsucht zu folgen. Und die Sehnsucht war der Atlantik.
Irgendwann will ich auf jeden Fall noch Spanien bereisen. Es gibt hier noch einige Ziele, die ich unbedingt sehen will. Es gibt noch mehr Game of Thrones Drehorte, wie beispielsweise die Bardenas Reales, eine Wüstenregion mit irren Felsformationen. Gregor und ich sind hier bereits vorbei gefahren, ohne zu ahnen, welche Schönheit 20km neben der Autobahn auf uns gewartet hat... Sie wird noch ein wenig länger warten müssen. Diesen Oktober werde ich nicht mehr ganz Spanien unter die Lupe nehmen.

Bei dem leichten Sonnenschein, den es heute Morgen kurz hatte, sieht der Platz gar nicht mal so übel aus. Es war einfach sehr schlammig. Ungepflegt irgendwie. Die Sanitäranlagen auf dem Campingplatz waren dafür echt top, das Neueste vom Neuesten, wirklich gut. Trotzdem habe ich mich nicht richtig wohl gefühlt und daher heute Vormittag das Weite gesucht.

Ja, man konnte das Meer sehen vom Campingplatz aus, allerdings waren auch überall Ferien-Apartment-Bunker.
Die einzige Richtung, die mein Herz höher schlagen ließ, war die Richtung zurück nach Frankreich. Die endlosen Atlantikstrände, die Pinienwälder, die Stille dort, meine Privatstrände... Außerdem das Wissen, in 2 Tagesetappen zuhause zu sein, wenn mich das Heimweh packt. Das alles hat mich mit Vorfreude erfüllt. Also ab ins Auto und auf die mautpflichtige Autobahn. Laut Google hätte die kostenfreie Strecke 4 Stunden gebraucht, die mautpflichtige nur 2 Stunden, da war die Entscheidung schnell gefallen.
An einem spanischen Rastplatz habe ich Pause gemacht - neben einem Auto aus Heidelberg. Stellte sich raus, die Fahrerin kommt aus Wiesloch. Ich so: Achja, ich komm aus Östringen! Haben wir erstmal ne halbe Stunde gequatscht. Bei meinem leichten Heimweh hat es richtig gut getan, den bekannten Dialekt zu hören.
Es hat immer wieder geregnet heute. Stört mich mittlerweile nicht mehr, weil der Regen selten lange anhält. Manchmal fragt man sich, wozu man überhaupt den Scheibenwischer eingeschaltet hat. Dann fuhren wir über die Grenze nach Frankreich - und ich schwöre, innerhalb von 30 Sekunden nach dem Frankreich-Schild hörte der Regen auf! Hätte ich es nicht erlebt, ich hätte es nicht geglaubt. Ich nehme das einfach mal als Zeichen, dass meine Entscheidung richtig war. Ich glaube ich muss auch nicht erklären, dass mir schon beim Anblick des Frankreich-Schilds das Herz aufging. Ich liebe dieses Frankreich einfach, was soll ich machen.
Natürlich wurden wir an der Grenze von grimmig blickenden Zoll-Polizisten-Franzosen angehalten. Ich hab ja einen Van, in den man nicht reinkucken kann. Kann ja alles drin sein. Drogen oder Flüchtlinge oder so. Der Polizist kam an mein Fenster und fragte, ob Französisch sprechen würde. Ich habe mal vorsichtig geantwortet mit: "Un peu." was so viel heißt wie: Ein bisschen. Er fragte wo ich herkomme und wo ich hinfahre, erst habe ich kurz gestottert, weil ich von keinem bestimmten Ort komme und auch kein festes Ziel habe... Nachdem ich ihm dann aber in fließendem Französisch erklärt hatte, dass ich nur drei Tage in Spanien war, davor zwei Wochen in Frankreich und jetzt nach Moliets und Arcachon möchte, hat er mich lachend ziehen lassen. Er wollte noch nicht mal mehr in den Bus kucken oder einen Ausweis sehen. Ach, die Franzosen! Annie hat währenddessen auf der Beifahrerbank geschlafen und sich kaum gerührt.
Mein Ziel heute war die kleine Bar in Seignosse, in der ich mich im April, zusammen mit Gregor, mit AJ und Christiane getroffen habe und wo wir wirklich leckere Moules & Frites gegessen haben. Das war der Plan. Dort hin fahren, eine Stunde oder zwei relaxen, Moules essen gehen, Schlafplatz suchen, schlafen gehen.
Leider hatte dort schon alles zu. Nicht nur zur Mittagszeit. Nebensaison. Alle Restaurants geschlossen. Relaxt habe ich trotzdem.

Also ich habe im Bus relaxt. Draußen war es gerade wieder windig und regnerisch für fünf Minuten.
Dann bin ich auf den nächstgelegenen Wohnmobilstellplatz gefahren für 10 Euro pro Nacht. Dafür hab ich sogar Strom und eine Toilette. Duschen gibt es am Strand, kalt und Freiluft. Aber in den nächsten Tagen solls ja wieder sonnig und warm werden, bis zu 27 Grad. Außerdem habe ich mich schon mit dem Gedanken angefreundet, die nächsten fünf Tage oder so nicht zu duschen. Ich wusste ja schon beim Losfahren in Spanien, dass hier alle Campingplätze bereits geschlossen sind. Und die Dusche daheim wird dann umso besser!
Das Moules-Restaurant war ja geschlossen, ich fand auch keinen Supermarkt mehr und beschloss, dass es heute Abend Ravioli geben würde aus Mangel an Alternativen. Und wie das Leben so spielt habe ich hier auf dem Stellplatz direkt einen alleinerziehenden Vater getroffen, der mit seinem 10jährigen Sohn im Surfurlaub ist. Der Junge war begeistert von Annie und durfte ihr das Abendessen verfüttern mit allen Tricks, die Annie so drauf hat. Der Vater hat mich dann direkt zum Abendessen eingeladen - er hätte genug selbst gekochte Tomatensoße, ob ich mitessen will. Da hab ich natürlich nicht Nein gesagt! Ich glaube er war auch froh, nach über einer Woche mit seinem Sohnemann einen Erwachsenen zum Unterhalten zu haben. Zum Nachtisch gab es sogar noch ein Tiramisu.
Jetzt bin ich pappsatt und müde. Morgen gehts nochmal 200km weiter, hoch zu meinem Pinienparkplatz. Da werde ich das schöne Wetter nochmal richtig genießen. Vielleicht, mit ein bisschen Glück, finde ich dort sogar eine Stranddusche... Wer weiß... Und vielleicht kann ich nochmal baden gehen?



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